DER TAGESSPIEGEL /// Montag, 7. Mai 2007 Nr. 19 539, „stadtleben“, Seite 11.
Marlenes letzter Auftritt
Eine Fotoausstellung zum 15. Todestag
Gestern vor 15 Jahren starb Marlene Dietrich in Paris, zehn Tage später wurde sie auf
dem Künstlerfriedhof in Friedenau beigesetzt. Es war ein sonniger Maientag, der Sarg wurde
in einem schwarzen Cadillac durch die Stadt gefahren. Die Berliner warfen Blumen in den
offenen Wagen, zahllose wollten „dem einzig wahren Berliner Weltstar“, wie sie fanden, die
letzte Ehre erweisen. Dafür standen sie aber auch stundenlang vor dem Grab an. Die
Pizzeria vor dem Friedhof hatte Mühe, den Ansturm zu bewältigen, im Fernsehen lief dort
die Direktübertragung des SFB. Der Fotograf Wilhelm W. Reinke erinnert sich genau an
diesen Tag und die Stimmung. „Ich wollte den Moment festhalten, auch wenn Marlene ein
schwieriges Verhältnis zu Fotografen hatte.“ Reinke fotografierte die Menschenschlangen
auf dem Friedhof, das Grab, Prominente. „Die Mischung war so besonders. Da waren Schwule
und Lesben, die Oma, die schon älter aussah als Marlene, und Familien mit Kindern. Es war
ein Ereignis, das hat man gespürt und die Menschen haben applaudiert, als der Sag von
Marlene Dietrich vorbei fuhr. Die Berliner hatten ihre Marlene wieder“, erinnert sich der
Fotograf.
Diese Momente sind jetzt in der Ausstellung „Marlene – Es was und ist uns
eine Ehre“ im Haus der Begegnung der Ahorn-Grieneisen AG zu sehen. Das Bestattungsinstitut
wurde von der Familie Marlene Dietrichs mit der Beerdigung beauftragt. Reinke wuchs mit
den Liedern Dietrichs auf, mit 13 Jahren schrieb er ihr einen Brief. Sie antwortete.
Später reiste er nach Paris, um zu sehen, wo sie wohnt und fotografierte die Trauerfeier.
Er nennt sich selbst einen Verehrer. Gestern war er das erste Mal wieder am Grab, mit
weißen Lilien, wie es sich gehört, und ein Foto hat er gemacht. Marlene gibt es eben nicht
ohne Foto, darüber hatte sie noch zuletzt in einem Interview geklagt:; Ich bin zu Tode
fotografiert worden.“
RIVER TUCKER
Friedhof und Denkmal 1-2001
Bücher
Es war herbstlich kalt an diesem 6. November 2000 am Grab von Marlene Dietrich in Berlin-Friedenau, rund hundert Personen hatten sich versammelt, Persönlichkeiten, Journalisten, Kamerateams. Doch es ging nicht um Marlene Dietrich, sondern um die ungewöhnliche Vorstellung eines ungewöhnlichen Buches, den Fotoband des Künstlers und Fotografen Wilhelm W. Reinke. Er hat in seinem neuen Buch schwarz-weiß-Fotos von Berliner Gräbern 90 bekannter Persönlichkeiten vorgelegt. Die Texte geben Aufschluß nicht in erster Linie über den Lebenslauf, sondern über die Begleitumstände des Todes oder der Beerdigung, z. B. bei dem Maler George Grosz, den man am Morgen des 6.7.1959 in seinem Haus am Savignyplatz auf der Kellertreppe fand, nachdem er diese in trunkenem Zustand heruntergestürzt war. Bei Willy Brandt findet sich der von der Bundesregierung veröffentlichte Ablaufplan der Beerdigung auf dem Friedhof Potsdamer Chaussee, beim Verleger Gustav Langenscheidt die faksimilierte Todesanzeige. Literatur- und Friedhofsverzeichnis runden das brillante Buch ab. Es gibt schon fast 30 Publikationen über Berliner Friedhöfe, meistens bezogen auf die einzelnen Friedhöfe, ihre Entstehung oder die dort bestatteten Persönlichkeiten. Reinkes Buch ist neu und ungewöhnlich, es weicht von der Norm ab und führt an ein Hintergrundwissen der beschriebenen Persönlichkeiten heran. Die Beisetzung Marlene Dietrichs am 16.5.1992 auf dem eingangs genannten Friedhof (rund 30.000 Menschen waren damals auf dem kleinen Kirchhof versammelt) gab dem Künstler Anlaß, sich mit den in Berlin beerdigten Persönlichkeiten zu befassen. Weshalb dann auch die Buchvorstellung an eben jenem Ort stattfand, im Vorgriff auf den 100. Geburtstag der Schauspielerin am 27.12.2001 und auch im Hinblick auf das 170. Firmenjubiläum des bekannten Berliner Bestattungsunternehmens Ahorn-Grieneisen, von dem der Bildband auch unterstützt wurde.
CLAUS HARMSEN
DIE WELT /// 7. November 2000
Neuer Bildband über Berliner Friedhöfe vorgestellt
Den Umschlag ziert das Grab von Marlene Dietrich, die im nächsten Jahr vermutlich ihren
100. Geburtstag gefeiert hätte. Gestern wurde auf einer Pressekonferenz der Fotoband
„Berliner Gräber“ vorgestellt. Der Schauplatz dieses Pressetermins war indes ungewöhnlich.
Der Friedhof in der Stubenrauchstraße in Schöneberg – eine Präsentationsidee des
Bestattungsunternehmens Grieneisen, das damit noch einmal an Marlene erinnern wollte.
Der im Stapp Verlag erschienene Bildband wird mit geringer zeitlicher Verzögerung in
den nächsten Tagen in den Buchläden erhältlich sein. Der Fotoband von Wilhelm Reinke, für
den Christian Simon die Texte verfaßt hat, widmet sich den Gräbern bedeutender
Persönlichkeiten unter dem Motto: „Erinnern, Besinnen, Bewundern“. Für Franz Eichinger,
Vorstandsmitglied der Ahorn-Grieneisen AG, die das Buch finanziell unterstützt hat, sind
Gräber mehr als die letzte Ruhestätte eines Menschenlebens. „Gräber erzählen ganze
Geschichten“.
Das Buch „Berliner Gräber“ lädt seine Leser auf eine Reise in die
Vergangenheit ein. Die Grabesstätten berühmter Persönlichkeiten mögen Anstoß geben, den
ein oder anderen Berliner Friedhof neu zu entdecken. Der Monat November, scheint besonders
passend für die Veröffentlichung eines derartigen Bildbandes. Die schwarz-weiß
illustrierten Gräber bieten bestimmt auch in natura einen stimmungsvollen Anblick in einer
herbstlich melancholischen Landschaft. Bei einer Tour durch die Berliner Friedhöfe ließe
sich ein Stück Berliner Geschichte rekonstruieren. In dem Buch werden u.a. die Gräber von
Lorenz Adlon, Gottfried Benn, Willy Brandt, Bertolt Brecht, Marlene Dietrich, Theodor
Fontane, Käthe Kollwitz und Anna Seghers vorgestellt.
Inspiriert von den Fotos mag
man den Persönlichkeiten aus Kultur, Politik und dem öffentlichen Leben einen Besuch
abstatten und sich ihrer erinnern und ein wenig Bewunderung walten zu lassen. Getreu dem
Motto des Buches.
J. W.